Die katholische Kirche hat ein neues Oberhaupt. In einem der kürzesten Konklave der Kirchengeschichte wählten die 111 in der Sixtinischen Kapelle versammelten Kardinäle bereits im 3. Wahlgang den 65jährigen Patriarchen von Venedig, Albino Luciani, zum neuen Papst. Um 19.30 Uhr erschien der Neugewählte auf der mittleren Loggia des Petersdomes und erteilte erstmals den Segen "Urbi et orbi". Er winkt der Menschenmenge väterlich zu, und die Welt sieht zum ersten Mal sein Lächeln, welches ihn in wenigen Stunden und Tagen in der ganzen Welt populär machte.
Sonntag, 27. August
Zum Abschluβ des Konklaves feiert Johannes Paul 1, in der Sixtinischen Kapelle eine Messe und hält eine lateinische Ansprache, die über Mondovision in alle Welt ausgestrahlt wild. Darin bekräftigt er die Notwendigkeit der weiteren Verwirklichung des Konzils, der Fortsetzung der ökumenischen Bemühungen und des Dialogs mit der ganzen Welt sowie der Förderung "aller lobenswerten und guten Initiativen, die zum Schutz und zur Stärkung des Friedens in der Welt beitragen können".
Montag, 28. August
Der Papst ernennt den 72jährigen französischen Kardinal Jean Villot zu seinem Kardinalstaatssekretär. Gleichzeitig bestätigt er die Kardinalpräfekten der Vatikanischen Kongregationen und Gerichtshöfe sowie die Kardinalpräsidenten der Sekretariate und Kommissionen für deren laufende fünfjährige Amtsperiode in ihren Ämtern. Im Amt bestätigt werden auch der Substitut im Päpstlichen Staatssekretariat, Erzbischof Giuseppe Caprio, und der Sekretär des Rates für die öffentlichen Angelegenheiten der Kirche, Erzbischof Agostino Casaroli.
Dienstag, 29. August
Die feierliche Amtseinführung des Papstes wird auf Sonntag, 3. September, festgelegt. Johannes Paul 1. äuβert den Wunsch, nicht mehr mit der Tiara gekrönt, sondern im Rahmen einer einfachen Messe in sein Amt als obers ter Hirte eingeführt zu werden.
Mittwoch, 30. August
Papst Johannes Paul 1. empfängt die noch in Rom anwesenden Kardinäle zu einer ersten Audienz und bittet sie um "brüderliche und beharrliche Zusammenarbeit". Der neue Papst bestätigt die Durchführung der 3. Generalkonferenz der Bischöfe Lateinamerikas, die vom 12. bis 28. Oktober in Puebla (Mexiko) stattfinden solI und überträgt deren Leitung den Kardinälen Baggio und Lorscheider sowie Erzbischof Ahumada.
Donnerstag, 31. August
Gegenseitige Achtung und vertrauensvolle Zusammenarbeit "ohne Verwischung der Kompetenzen" müssen nach den Worten Papst Johannes Paul I., die Beziehungen zwischen der Kirche und den Staaten kennzeichnen. In seiner ersten Ansprache an die Mitglieder des beim Hl. Stuhl akkreditierten Diplomatischen Korps stellt der Papst klar, daβ das Wirken der Kirche pastoral ausgerichtet sei. Grundlegende Prinzipien seien "die Achtung vor dem Nächsten, vor seinem Leben und seiner Würde, der Einsatz für seinen geistigen und sozialen Fortschritt, das Bemühen um Erreichung und Sicherung des Friedens sowie die Bereitschaft zur Versöhnung".
Freitag, 1. September
Noch vor seiner Amtseinführung empfängt der Papst rund tausend Vertreter von Presse, Hörfunk und Fernsehen aus aller Welt, dankt ihnen für ihre qualifizierte Berichterstattung über die jüngsten Ereignisse im Vatikan und lädt sie zur weiteren, verantwortungsbewuβten Mitarbeit ein.
Samstag, 2. September
Die zahlreichen Delegationen nichtkatholischer Christen und Gemeinschaften, die zur Teilnahme am Gottesdienst zum Beginn des Pontifikats nach Rom gekommen waren, empfängt der Papst in Sonderaudienz und gibt der Hoffnung Ausdruck, daβ auf dem Wege zur Wiederherstellung der Einheit aller Christen weitere Fortschritte gemacht werden.
Sonntag, 3. September
Am Vormittag empfängt Johannes Paul I. rund 5000 Pilger aus seiner norditalienischen Heimat.
Am späten Nachmittag wird Papst Johannes Paul I. im Rahmen eines schlichten Gottesdienstes offiziell in sein Amt als oberster Hirte der katholischen Kirche eingeführt. Er hat auf die Krone verzichtet und läβt sich lediglich das Pallium umlegen- ein mit Kreuzen besticktes Schulterband aus Wolle - Zeichen der Verbundenheit der Apostelnachfolger mit dem hl. Petrus und untereinander. Mehr als 200 000 Menschen nehmen an der Feier auf dem Petersplatz teil. An ihrer Spitze offizielle Delegationen von mehr als 131 Staaten und internationalen Organisationen sowie von 17 nichtkatholischen, christlichen Kirchen und Gemeinschaften. Etwa eine Milliarde Menschen in 53 Ländern konnte den Gottesdienst am Bildschirm miterleben. In seiner Predigt ruft der Papst alle Völker zu vorbehaltloser Zusammenarbeit auf, "um ein Klima der Gerechtigkeit, der Brüderlichkeit, der Solidarität und der Hoffnung zu schaffen, ohne das die Welt nicht leben kann".
Montag, 4. September
Die anläβlich der Amtseinführung des Papstes nach Rom gekommenen Sonderdelegationen werden von Johannes Paul I. in Audienz empfangen. Die Anwesenheit von Repräsentanten so vieler Nationen bezeichnet der Papst als "sehr ermutigend" und bekräftigt gleichzeitig die Bereitschaft des Heiligen Stuhls und der ganzen Kirche zur Zusammenarbeit im Dienst des Friedens, der Entwicklung und der Gerechtigkeit. Der Papst weist auf die Dringlichkeit der Achtung der Religionsfreiheit in allen Ländern der Erde hin.
Dienstag, 5. September
Der russisch-orthodoxe Metropolit von Leningrad und Nowgorod, Nikodim, stirbt bei einer Privataudienz in den Armen des Papstes. Er weilte als Leiter der Delegation der russisch-orthodoxen Kirche seit ungefähr einem Monat in Rom. Beim Papst selbst und im Vatikan hat sein Tod tiefe Erschütterung ausgelöst.
Mittwoch, 6. September
Der Papst hält vor rund 15000 Pilgern aus aller Welt seine erste Generalaudienz. Er bezeichnet die israelisch-ägyptischen Friedensgespräche von Camp David als "groβe Hoffnung".
Donnerstag, 7. September
Zentralthema seiner Ansprache anläβlich der Audienz für den römischen Klerus ist die "Disziplin" in der Kirche. Als "Bruder zu Brüdern" sprechend, meint der Papst, manche Priester hätten heute nicht immer richtige Vorstellungen vom Bischofsamt, in dem sich Dienst und Autorität vereinigten. Zur priesterlichen Disziplin gehört nach den Wort en des Papstes die Liebe zur eigenen Arbeit und zum eigenen Stand, trotz aller gelegentlichen Entmutigungen.
Freitag, 8. September
Zum 85. Deutschen Katholikentag richtet der Papst eine Botschaft an den Erzbischof von Freiburg und entbietet allen Gästen der Bischofsstadt seinen Gruβ. Der Katholikentag setze "ein Zeichen der Zuversicht, der Hoffnung". Sein besonderer Gruβ gilt den jungen Menschen, die nach seinen Worten "für die Kirche und Gesellschaft gleichermaβen die berufenen Träger der Hoffnung sind".
Samstag, 9. September
Papst Johannes Paul I. setzt sich für eine rasche Beendigung der bürgerkriegsähnlichen Zustände im mittelamerikanischen Staat Nicaragua ein. Er versucht, über seinen Apostolischen Nuntius in Nicaragua zwischen den Kontrahenten zu vermitteln.
Sonntag, 10. September
Papst Johannes Paul I. erinnert in seiner Ansprache an die auf dem Petersplatz versammelten Gläubigen an die derzeit in Camp David (USA) stattfindenden Friedensbemühungen. Alle sähen mit Interesse und groβer Hoffnung auf das Treffen der Staatsmänner und beteten zu Gott, er möge diesen bei ihren Friedensbemühungen seine Kraft schenken.
Dienstag, 12. September
Johannes Paul I. besucht das Grab seines Vorgängers Pauls VI.
Mittwoch, 13. September
Zweite Generalaudienz. Der Papst benutzt erstmals den herkömmlichen Tragstuhl, weil er nur so von der Menge der Audienzteilnehmer beim Einzug durch den Mittelgang besser gesehen werden konnte. In seiner Ansprache betonte er, der Gläubige müsse die Kirche so akzeptieren, wie sie ist, mit all ihren gelegentlichen Unvollkommenheiten und Fehlern.
Donnerstag, 14. September
Der Papst empfängt den deutschen Erzbischof und Sekretär der Kongregation für die Ordensleute, Augustin Mayer, in Privataudienz.
Samstag, 16. September
Der Präsident der Republik Somalia, General Mohamed Siad Barre, wird vom Papst in Audienz empfangen. Anschlieβend empfängt Johannes Paul den Generalsekretär des lateinamerikanischen Bischofsrates (CELAM) und Sekretär der dritten Generalkonferenz der lateinamerikanischen Bischöfe in Puebla, Weihbischof Alfonso Lopez Trujillo.
Sonntag, 17. September
Der Papst richtet in seiner Mittagsansprache ein Gruβwort an alle Schüler und Erzieher. Die Erwachsenen fordert er auf, der wachsenden Arbeitslosigkeit der Jugend entgegenzuwirken.
Montag, 18. September
Der schwedische Innenminister Johannes Antonson wird zusammen mit seiner Frau und seiner Tochter in Privataudienz empfangen, anschlieβend die Frau des venezuelanischen Präsidenten, Blanca Rodriguez de Perez.
Dienstag, 19. September
In Privataudienz empfängt der Papst eine Delegation der syrisch-orthodoxen Kirche, den Apostolischen Nuntius in Österreich} Erzbischof Mario Cagna} und den Sekretär der Brasilianischen Bischofskonferenz, Bischof Ivo Lorscheider.
Mittwoch, 20. September
Dritte Generalaudienz. Der Papst erteilt jenen Christen eine klare Absage} die christliche Hoffnung und menschliche Befreiung verwechseln} die nur von irdischer Zukunft und nicht vom Überirdischen, vom ewigen Bezug des Menschen sprechen.
Donnerstag, 21. September
Erster Ad-Limina-Besuch. Der Papst unterstreicht in seiner Ansprache an die Bischöfe mehrerer US-Bundesstaaten die “unersetzliche Rolle der christlichen Familie im Erneuerungsprozeβ der Kirche und bei der Neugestaltung der Gesellschaft von heute”.
Samstag, 23. September
Der Papst tritt offiziell sein Amt als Bischof von Rom an. In der Lateranbasilika, seiner Bischofskirche, erklärt er im Rahmen einer schlichten Meβfeier, Rom werde eine echte Christengemeinde sein, wenn in der Stadt Gott nicht nur durch Kirchenbesuch und moralisch einwandfreien Lebenswandel der Gläubigen verehrt werde, sondern auch durch die Liebe zu den Armen.
Sonntag, 24. September
Rund 80 000 Pilger sind auf dem Petersplatz zum Gebet des “Engel des Herrn” versammelt. Der Papst geht in seiner Rede von Nachrichten über Gewaltanwendungen in den vergangenen Tagen aus und betont: “Nicht die Gewalt, die Liebe kann alles. Bitten wir den Herrn um die Gnade, daβ eine neue Welle der Liebe zum Nächsten diese arme Welt durchströme.”
Mittwoch, 27. September
Vierte Generalaudienz. Der Papst begrüβt im Petersdom über 5000 Pilger aus den Ländem der deutschen und niederländischen Sprache. Zentrales Thema seiner Ansprache: Die Liebe der Menschen zu Gott und untereinander, die im praktischen Tun unter Beweis gestellt werden müsse. "Die Welt bietet hunderdache Gelegenheit dazu: Nicht nur ein Lazarus liegt hungrig vor der Tür, ganze Völker hungern", betont der Papst.
Donnerstag, 28. September
Der Apostolische Nuntius in den Niederlanden, Erzbischof John Gordon, wird vom Papst in Privataudienz empfangen. Anläβlich des Ad-Limina-Besuchs der philippinischen Bischöfe erinnert er an die" unwiderrufliche Verpflichtung der Kirche, zur Linderung physischen Elends und irdischer Not beizutragen". Die liebende Sorge der Kirche um die Menschen wäre aber unvollständig, wenn sie nicht auch auf das übernatürliche ewige Leben hinwelse.